Intelligente Supermärkte: Wie der Einzelhandel von Wagen-Scanning, Dynamic Pricing und der KI als Chef profitiert

Künstliche Intelligenz hält Einzug im Einzelhandel
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Künstliche Intelligenz ist der Digital-Business-Trend überhaupt. Hört man. Liest man. Sagt man. Der »Hype Cycle for Emerging Technologies« des US-Analystenhauses Gartner bestätigt dies Jahr für Jahr. Aber was passiert als nächstes? Entweder der Hype verpufft und die Technologien verschwinden wieder. Oder sie erreichen das, was Gartner »Plateau der Produktivität« nennt. Sie werden normal, sie werden Alltag.

Im Moment sieht es danach aus, als wäre Künstliche Intelligenz gekommen, um zu bleiben – immerhin blickt KI schon auf rund 70 Jahre Entwicklungszeit zurück. Für Unternehmen bedeutet das vor allem eines: Sie müssen Daten – zuhauf vorhanden – mithilfe intelligenter Technologien – ebenfalls vorhanden – intelligent denken.

In anderen Worten: Wir stehen an einem Wendepunkt, an dem sich entscheidet, wie wir bereits vorhandene Technologien sinnvoll nutzen und gewinnbringend weiterentwickeln. Supermärkte sind hier ein spannendes Experimentierfeld – und jede einzelne Banane potenziell ein spannender Datensatz.

Intelligent, datengetrieben, sicher

In Deutschland assoziiert man KI meist mit Start-ups. Firmen, gegründet von jungen, schlauen, digitalaffinen Menschen. Und fraglos wächst die deutsche Start-up-Szene schnell. Das zeigen nicht zuletzt die Ergebnisse des Deutschen Startup Monitors: Jungunternehmen kommt in puncto Zukunftstechnologien eine Führungsrolle zu, sie sind Träger und Treiber der Digitalisierung.

Künstliche Intelligenz ist hier kein vages Buzzword, sondern Berufsalltag: Bereits 60 Prozent der 1.550 befragten Start-ups integrieren KI-Technologien in ihr Geschäftsmodell.

Einer Studie zufolge gibt es in Deutschland etwa 214 reine KI-Start-ups – Tendenz steigend, denn die Wachstumsrate der vergangenen drei Jahre beträgt 80 Prozent. Das zeigt ganz deutlich: In Deutschland entsteht kein Innovation-Lab mehr ohne KI.

Viele deutsche Start-ups eint, dass sie aus der Wissenschaft heraus gegründet wurden: So auch Signatrix, deren Geschäftsidee auf Masterarbeiten an der Universität Bonn beruht. Signatrix will dem Einzelhandel mit Computer-Vision helfen, ein großes Problem zu lösen: Ladendiebstahl. Der deutsche Einzelhandel verliert dadurch jährlich etwa 3,4 Milliarden Euro. Anders gesagt: Jedem 200. Einkaufswagen scheint es zu gelingen, die Kasse zu passieren, ohne zu bezahlen.

Das Unternehmen hat einen KI-gestützten Service entwickelt, der mithilfe von Bilderkennung die Next Best Actions ermittelt. Konkret nimmt eine hochauflösende Videokamera den Wageninhalt an verschiedenen Punkten der Verkaufsfläche ohne Personenmerkmale auf, identifiziert, klassifiziert und vergleicht den Inhalt. Verschwinden Dinge zwischen den Aufnahmepunkten, wird geschultes Personal informiert. Ab da entscheidet dann ein Mensch, wie der Verdacht weiter gehandhabt wird.

Intelligente Preise als Anti-Waste-Maßnahme

Gemessen an Fläche und Bevölkerung verfügt Israel über die höchste KI-Business-Dichte der Welt – weit vor China, den USA oder Deutschland. Dort ist der Einsatz von KI im Supermarkt bereits erprobt: Wasteless ist ein israelisches Start-up, das sich dem Kampf gegen Lebensmittelverschwendung analytisch verschrieben hat. Denn weltweit landen 33 Prozent aller produzierten Lebensmittel im Müll.

Das Unternehmen aus Tel Aviv entwickelt eine KI, die die Preise im Supermarkt dynamisch gestaltet. Diese automatisierte Bepreisung basiert auf Machine-Learning. Der Algorithmus nimmt mehr Parameter in seine Berechnungen auf als das nahende Verfallsdatum: Nachfrage, Regalflächen, Regionalität, Markenbekanntheit, Lagerbestand, für Wetterdaten, Preise der Konkurrenz, Einkaufspreise. Dies alles fließt in Echtzeit in dynamische Preise, die das digital vernetzte Preisschild im Markt anzeigt, während es die Preisentwicklung gleichzeitig transparent macht.

Auch jenseits von Israel wurde das System letztes Jahr bereits getestet: Bei der italienischen Kette Iper zum Beispiel mussten im Testzeitraum zwei Drittel weniger frische Lebensmittel weggeworfen werden als vorher üblich. Zugleich steigerten die Märkte trotz der Reduzierungen ihre Umsätze um bis zu sieben Prozent.

Intelligentes Management: Hilfe! Mein Chef ist ein Computer!

Auch in den USA ist KI im Einkaufsalltag der Menschen angekommen und hilft, gute Entscheidungen zu treffen: Nicht in dem Sinne, dass sie Kunden daran hindern würde, Donuts oder Burger-Zutaten zu kaufen. Aber der US-Food-Gigant Walmart feilt in einem Stadtteil New Yorks an der Filiale der Zukunft. Diese Muster-Filiale bringt Innovationen wie KI-gesteuerte Kameras und interaktive Displays zusammen.

In der Hightech-Filiale von Walmart ermitteln Kameras die Füllstände in den Regalen mittels Bilderkennung. Algorithmen berechnen dann, wann Mitarbeiter die Regale aufstocken sollten.
Angestellte werden hier also erst aktiv, wenn die KI sie beauftragt – so wie das sonst der Chef tun würde.

Für Kunden hat das enorme Vorteile: Anders als bei einem menschlichen Chef, können Kunden auf diese Weise sichergehen, dass das rohe Fleisch für die Burger, das datengetrieben nachgefüllt wurde, auch wirklich frisch ist und, dass die Bananen nicht matschig sind.

Lesetipps

Künstliche Intelligenz für klügere Filialen [Signatrix]

Dynamic Pricing aus Israel [Die Welt]

Whitepaper »Künstliche Intelligenz – 25 Use-Cases, um mit KI erfolgreich zu sein« [dotSource]

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